2022-11-21
Bei Sonne und Seeluft leben wir hier ausgesprochen gesund. Trotzdem treten manchmal Zipperlein auf. Was dann? Medizin- und Behandlungskosten waren meine größte Sorge, bevor wir ausgewandert sind. In all den Jahren, die ich das deutsche Pflichtversicherung System mit freiwilligen Beiträgen gestützt hatte, hoffte ich im Geheimen auf erstklassige Betreuung im Bedarfsfall. Doch was passiert in einem fremden Land?
Zu meiner großen Überraschung hat mich das australische Gesundheitssystem mit offenen Armen aufgenommen. Es gibt eine flächendeckende steuerfinanzierte Grundversorgung, die auch Zugezogene abdeckt. Medicare übernimmt die Kosten für notwendige, aber nicht alle medizinischen Behandlungen.

Allgemeinärzte praktizieren meistens in Gemeinschaftspraxen. Das hat den Vorteil, dass kurzfristig ein Termin verfügbar ist, aber eben nicht immer beim Wunscharzt. Für Spezialisten braucht man eine Überweisung.

Parallel zum staatlichen System gibt es private Zusatzversicherungen. Damit werden Krankenhauskosten, Physio, Brillen, Orthopädie und andere Leistungen abgefedert. Die Versicherung übernimmt etwa zwei Drittel und ein Drittel ist Eigenanteil. Unsere Zusatzversicherungen kosten für Ivan und mich zusammen monatlich weniger, als mein Beitrag als freiwillig Versicherte in Deutschland.

Warum ich mich ins Thema Gesundheitssystem eingearbeitet habe? Meine linke Schulter brauchte Hilfe. Sie schmerzte und verlor immer mehr an Reichweite. Mein hiesiger Orthopäde empfahl die Schrauben und Platten, die das empfindliche Gelenk nach einem Skiunfall 2019 zusammengehalten haben, zu entfernen.

Auch hier wird – zu Recht – über überlastete Krankenhäuser geschimpft. In diesem Fall habe ich nur gute Erfahrungen gemacht. Der Chirurg schickt gut verständliche Erklärungen was auf mich zukommt. Der Anästhesist stellt sich mit seiner Webseite vor und lässt mich vorab einen langen Fragebogen ausfüllen. Das Krankenhaus hat ein Check-in im Internet. Und alle bitten um Begleichung des Zusatzbeitrags, bevor sie mit der Arbeit beginnen.

Der kurzfristig verfügbare OP Termin musste dann noch einmal verschoben werden, denn der unerwartete Tod des australischen Staatsoberhaupts, also der Queen, hat uns einen nationalen Trauertag beschert. 10 Tage später als geplant ist die Operation gut verlaufen.

Sehnen und Muskeln sehen gut aus, Schrauben und Platte der ersten OP sind entfernt, das Narbengewebe ist bereinigt, aber leider zeigt sich ein Knochenschaden, Avascular Necrosis, ein Knocheninfarkt. Darüber machen wir uns nächstes Jahr Gedanken…


Jetzt heile ich mit viel Physiotherapie und Hydrotherapie und drei Mal täglich Übungen zu Hause erstmal diese OP aus. Dabei lernte ich auch eine weitere Besonderheit der privaten Versicherung kennen: Mein Physio Budget ist für dieses Jahr ausgeschöpft und ich zahle die Behandlungen voll. Andererseits bekomme ich ein Drittel der Krankenhaus Selbstbeteiligung zurück, weil die Gesellschaft gut gewirtschaftet hat und den Gewinn ausschüttet. Diese Versicherungswirtschaft ist ein Geben und Nehmen.

Ich bin auf dem Wege der Besserung. Nach drei Wochen war die Schlinge ab und ich habe jetzt schon wieder die Reichweite wie vor der OP, vielleicht sogar ein bisschen mehr, und weniger Schmerzen. Ich fühle mich gut behandelt und gut aufgehoben und beruhigt, was die medizinische Versorgung von Zipperlein angeht. Besser Arm dran als Arm ab…

Ein gutes Netzwerk beschleunigt übrigens den Heilungsprozess. Meine Hundefreundinnen haben während meiner Rekonvaleszenz die gemeinsamen Spaziergänge nach Aldinga verlegt. Skipper kann ja nichts dafür, dass ich gerade nicht Auto fahren kann.

4 Antworten auf „Zipperlein“
Also ich vermute mal, dass die Pizza und die Lichterbeschwörung viel mehr mit dem Heilungsprozess zu tun haben, als uns allen bewusst ist.
Aber das weiß die Versicherung nicht!
So glad you had a good experience of the Australian healthcare system and thrilled to see back and swinging!
Weiter gute Besserung!