2021-11-13
Ein Vorgarten ist ja praktisch die Visitenkarte eines Hauses. Unser Vorgarten war eher eine flüchtig notierte Adresse auf einer benutzten Serviette.
Die Vorbesitzer hatten mit viel Stolz einen repräsentativen Vorgarten angelegt, ihn aber in den letzten Jahren aus Altersgründen nicht mehr pflegen können. Vor dem Verkauf wurden die wohl ziemlich traurigen Überbleibsel abgeschnitten und unter Mulch versteckt, die überlebenden Bäume und Sträucher rahmten ein schwarzes Nichts ein. Durch dieses Nichts kämpften sich die widerstandsfähige Calla und die afrikanischen Daisies wieder ans Licht. Und natürlich das Unkraut. Das vergeht bekanntlich nicht und gibt daher den Ausschlag, das Projekt Vorgarten nach vorne zu ziehen.
Ivan und ich sind uns einig, dass wir einheimische australische Pflanzen wollen, am besten solche, die auch mit unseren Küstenbedingungen hier klar kommen. Sie sollen sowohl trockene Sommer überstehen als auch im Winter Wind und Wetter aushalten. Mit diesen klaren Vorgaben besuchen wir eine lokale Gärtnerei, die auf native Pflanzen spezialisiert ist. Begeistert laufen wir durch die Gänge und machen Notizen von Pflanzen die uns gefallen. Doch dann tauchen Fragen auf… Wie groß werden die eigentlich? Wie plant man abwechslungsreich ohne zu überladen? Wie legen wir einen Pfad an und einen Platz, um Nachbarn zu astronomischen Betrachtungen einzuladen? Wir sind uns uneinig. Um die Ehe zu retten, konsultieren wir besser eine Therapeutin: Rachel die Gartendesignerin, spezialisiert auf Native Gardens. Sie kam, sah und zeichnete. Und plötzlich erstrahlt die Zukunft unseres Vorgartens – und unserer Ehe – wieder in bunten Farben.

Vor dem Pflanzen muss jedoch gebuddelt werden. Wir ringen hart um Bäume und Sträucher die bleiben oder gehen. Von den Bleistift Pinien hatten wir uns schon vor einem Jahr getrennt. Und jetzt muss auch die große Konifere weichen und eine von drei Willow Myrtles. Fürs Grobe kommt John ins Spiel, der Landschaftsgärtner, der uns schon beim Umbau des Teichs geholfen hat.
Fun Fact: Ich habe John damals über Google gefunden. Beim Buchstabieren unserer Adresse hat er gedacht ich nehme ihn auf den Arm. Denn John wohnt in unserer Straße, fünf Häuser weiter! Die Welt ist eben doch ein Dorf.

John hält nicht viel von Gartendesignern und Rachel ist kein Fan von Landschaftsgärtnern. Beide hatten jedoch ähnliche Empfehlungen ausgesprochen, zum Beispiel für den Yankalilla Kies. Also raufen die beiden sich zusammen. Das Fällen der Bäume ist schnell erledigt. John holt dann einen Kollegen dazu, der die die Baumstümpfe schleift. Zusammen können die beiden mit zwei Kompaktbaggern auch die Findlinge bewegen, die dem neuen Parkplatz für Ivans Zweitwagen im Wege liegen.
Fun Fact: Die Findlinge sind pro Stücke ca. 1.500 AUD wert. Wenn wir mal in Schwierigkeiten geraten, ist das unser Notgroschen.
Nach zwei Tagen Buddeln, Umgraben, Zurückschneiden, Umsetzen, Pflasterlegen, etc ist endlich Pflanztag. Für die Botaniker: in unserem Gartenparadies wachsen jetzt unter anderem Grevillea Red Prolific, Emubusch, Grasbaum, Native Hibiscus, Gold Dust Wattle, Kings Park Bottle Brush, Silver Princess Eukalyptus, Small Leaf Pigface, Happy Wanderer Hardenbergia, Knobby Club Rush, Billy Buttons, Everlasting Daisies, sowie einheimische Minze, Petersilie, Lauch, Spinat u.v.m. Die Kleinen halten sich tapfer, obwohl wir seitdem eine Hitzewelle, eine Kältewelle, einen Hagelsturm und auch Starkregen hatten. Wenn die Pflänzchen dieses erste Jahr überstehen, sind sie danach pflegeleicht und anspruchslos.
Fun Fact: Rachel, ich und zwei Pflanzenapps können den großen Busch in der Mitte nicht identifizieren. John hat schließlich die Lösung. Es ist ein aus den Fugen geratener Buchsbaum. Obwohl nicht einheimisch, darf er bleiben als Hommage an meinen Vater, der mit viel Hingabe Buchsbaumhecken kultiviert hat. Und der Buchs bekommt einen schicken neuen Haarschnitt.

Zum Schluss eine Gewissensfrage: Gehört zur Vorgartenidylle ein Gartenzwerg? Nein, bitte nicht! Doch dieses Haus gibt und gibt und gibt. Im Rahmen der Ausgrabungen tauchte ein kleiner grüner Frosch auf, der jetzt die Idylle vom Zaun aus beaufsichtigt.

5 Antworten auf „Vorgartenidylle“
Wie immer ein Genuss deine Blogs zu lesen – noch besser wäre es natürlich, wenn ich persönlich mit dir durch den Vorgarten stapfen könnte – aber das muss noch ein wenig warten, aber so betrachte ich alles aus der Ferne wie der kleine grüne 🐸 ! Weiterhin einen erfolgreichen grünen Daumen! Bis jetzt sieht es toll aus!🌳🍃
Kein Gartenzwerg geht ja gar nicht!
Habt ihr im Vorgarten jetzt einen Planetenweg so wie hier? Das wäre doch was… https://www.kreis-offenbach.de/Freizeit/Touren-Routen/Planetenweg-Hainburg … bei uns hakts noch am Designer und am Gartenbauer.. arbeitet Rachel auch remote ? Ich könnt Fotos schicken?!
Ich freue mich für den Buchs und bin neidisch auf die widerstandsfähige Calla. Ist sie das auch in Schleswig-Holstein?
Grossartig!! Wie habt Ihr es geschafft, dass Euer Hundetier nicht mitbuddelt bzw noch immer buddelt? Bewegungsmelder? Minen? Androhung von Gassi-Entzug? Oder wurde der astronomische Beobachtungsplatz für ihn eingezäunt? Liebe Grüße und: Grüner Daumen hoch!