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Markt

2020-08-15

Der Bauernmarkt samstags in Willunga ist über die Grenzen des Dorfes hinaus berühmt. Jeder Reiseführer empfiehlt einen Besuch. Das ist nur 10 km von uns entfernt, also plane ich schon lange mir das anzuschauen. An diesem Wochenende ist die Wettervorhersage gut und ich beschließe das Fahrrad zu nehmen.

Australien ein Auto-orientiertes Land, weil die Entfernungen so groß sind. Das Fahrrad ist ein Sportgerät, als Freizeitbeschäftigung beliebt, aber es wird nicht als Fortbewegungsmittel gesehen. Daher fehlen Radwege und Parkmöglichkeiten.

Erst kurz vor dem Ziel, am Ortseingangsschild von Willunga, fängt endlich ein Radweg an. Die neun Kilometer vorher fahre ich vorsichtig über den mit Splitt belegen Seitenstreifen. Es macht nur so mittelviel Spaß. Noch viel vorsichtiger bin ich beim Überqueren der Hauptverkehrsstraße South Road. Keine Ampel, keine Brücke, keine Unterführung, und Autos, die bei Tempo 70 nicht mit Radfahrerinnen rechnen. Ich habe es geschafft, aber ich habe mich nicht sicher gefühlt.

Eine Cousine von Ivan fragte neulich ob man in Deutschland keine Sorgen hat dass das Rad geklaut wird wenn man damit einkaufen fährt. Schon, aber dafür haben wir doch die Fahrradbügel zum Anschließen?!? Hier gibt es die nicht. In Willunga suche ich einige Zeit nach einem passenden Laternenpfahl um meinen Drahtesel zu sichern. Dann schlendere ich über den Markt. Ich bin spät dran, die Stände schließen schon um 12 Uhr.

Ich erreiche die Bäckerei ‚Flour Power‘ – hahaha – beim Einpacken und erstehe hoffnungsfroh ein Vollkornbrot. Was für ein Aufschneider! Es entpuppt sich als Weizenvollkorn, obwohl in meiner hoffnungsvollen Phantasie sich Saat an Saat im dunklen Roggenvollkorn schmiegte… Aber ich will nicht undankbar sein. Es hat mehr Konsistenz als das aufgeschnittene Toastbrot im Supermarkt.

Ich habe hier wieder angefangen selbst Brot zu backen. Im Moment nehme ich Backmischungen, weil es die auch als Vollkornvariante gibt. Laucke Mehl wurde von deutschen Einwanderern gegründet und das Brot schmeckt gut! Für die Brote die ich in Deutschland gebacken habe fehlen mir hier die Zutaten. Entweder improvisiere ich und experimentiere mit Ersatzmaterial oder ich vergesse die heimatlichen Rezepte einfach und freue mich auf neue Erfahrungen mit australischen Koch- und Backbüchern.

Eine ganz neue Erfahrung ist auch der Rückweg von Willunga. Die gute Nachricht: Es geht bergab und ist leichter zu fahren als der Hinweg. Ich mache richtig Tempo. Dann spüre ich einen dumpfen Schlag PONG auf meinem Helm. Während ich noch überlege was für ein unglaublicher Zufall es ist bei dem Tempo von einer herabfallenden Nuss getroffen zu werden, spüre ich WUMP den nächsten Schlag. Es ist kein Zufall. Ich höre Vögel kreischen und schon folgt ZACK der nächste Einschlag. Es ist ein Angriff! FOPP! Was soll ich machen? RUMMS! Anhalten ist keine gute Idee. KABUMM! Ich lege noch einen Zahn zu und dann lässt das Biest nach sechs feigen Angriffen von hinten schließlich von mir ab.

Empört erzähle ich von meinen Abenteuern und unabhängig voneinander nicken Ivan, Lorena und Vitty wissend und verständnisvoll: „Brutsaison!“. Der Angreifer wird als Magpie identifiziert, eine australische Elster. Jeder hier weiß dass Magpies wenn sie nisten Passanten angreifen. Immer von oben und immer am höchsten Punkt, dem Kopf. Bisher habe ich geglaubt die gefährlichen Tiere in Australien seien Spinnen, Schlangen, Krokodile etc. Doch wirklich gefährlich sind Elstern! Immerhin ist jetzt klar warum hier Helmpflicht auf dem Fahrrad herrscht. Vergesst die Unfallgefahr… Es ist ein Schutz gegen Luftangriffe!

Von Anke Veil

Der IvAnke Advertiser begleitet unseren Neuanfang in Australien.

5 Antworten auf „Markt“

Verlass dich lieber nicht drauf, dass sie friedlicher sind, wenn die Brüterei vorbei ist. Ich bin froh, dass du einen Helm aufgesetzt hast. Gab es eigentlich noch weitere Stände auf dem legendären Wochenmarkt?

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