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Chronik Gesundheit Skipper

Lockdown

2020-11-23

Wir hatten den härtesten Lockdown der Welt. Und wir hatten den kürzesten Lockdown aller Zeiten. Doch von Anfang an… Südaustralien war lange die Insel der Glückseligen.

Wir fühlten uns sicher.  Wir hatten die erste Welle mit fliegenden Fahnen gemeistert. Im März kam mit Corona und der Maxime #ZuHauseBleiben auch der goldene Herbst. Wir lebten zu viert mit Lorena und Pino in einem Haushalt, hatten keine Langeweile und ausgezeichnetes Essen. Jeden Tag durften wir eine Stunde raus zur körperlichen Ertüchtigung, absolviert in Strandspaziergängen. Südaustralien blieb nicht verschont von Corona, aber die Pandemie war hier gemäßigt. Bis letzte Woche zählten wir knapp über 500 Fälle und 4 Tote.

Ungläubig und mitleidig sahen wir die zweite Welle über das benachbarte Bundesland Victoria hereinbrechen. Zu Anfang versuchte die Landesregierung mit der Sperrung von Stadtteilen der Situation Herr zu werden, aber das funktioniert nicht. Kurz entschlossen machte Südaustralien die Grenzen dicht und wünschte den Freunden in Melbourne alles Gute für drei Monate Lockdown.

Dann kam das Grauen zu uns. Der so genannte Parafield Cluster wuchs an einem Tag von drei auf 17 Personen. In absoluten Zahlen ist das nicht viel, prozentual aber ne Menge. Die Landesregierung reagiert schnell und verschärft die eben erst gelockerten Einschränkungen: Hochzeiten und Trauerfeiern nur mit begrenzter Personenzahl, alle Gäste müssen registriert sein, Essen und Trinken nur im Sitzen etc. „No vertical consumption“ ist ein ziemliches Ding in Australien. Offenbar ist ein Bier im Stehen an der Bar viel leckerer als eins am Tisch. Ein großer Aufschrei als die neue Freiheit gleich wieder kassiert wurde.

Dienstag meldet das Gesundheitsamt 20 Fälle. Der Ministerpräsident von Südaustralien verkündet auf einer Pressekonferenz, dass das Bundesland ab Mittwoch für sechs Tage in einen harten Lockdown geht. Die Chefmedizinerin erklärt, dass die Experten die Zeit brauchen, um den Teufelskreis zu brechen. Sie müssen herausfinden wo die Infizierten waren und wer mit ihnen in Kontakt gewesen sein könnte. Deswegen heißt die Parole wieder #ZuHauseBleiben. Oder auf gut australisch gesagt: Stay the f*** at home.

Wir gehen in den härtesten Lockdown in Australien. Medizinische Versorgung, Infrastruktur, und essentielle Services werden aufrecht erhalten, alle anderen bleiben zu Hause. Wer kann macht Home Office. Keine Schule, keine Geschäfte, keine Restaurants oder Cafés, kein Takeaway, kein Sport, kein Strand, kein Baumarkt und auch keine Hunderunde. Einfach #ZuHauseBleiben.

Es gibt keinen Grund für Panik Kaufe. Die Lebensmittel Läden bleiben geöffnet, pro Haushalt darf eine Person einmal am Tag Notwendiges einkaufen gehen. Ivan und ich gucken in einen ziemlich leeren Kühlschrank. Normalerweise gehen wir donnerstags einkaufen. Doch wer weiß was morgen noch in den Regalen ist? Wir versuchen uns einzureden, dass wir nicht zu den Panik Idioten gehören und reihen uns trotzdem in die lange Schlange vor dem Supermarkt ein. Am Eingang wird gezählt. 110 Personen dürfen gleichzeitig rein. Wir warten etwa eine halbe Stunde. Gemüse, Obst, Mehl, Nudeln, Reis, alles da, nur kein Klopapier. Warum immer Klopapier????? Am Ausgang dann noch einmal ein halbe Stunde Warten, sehr ordentlich in nur einer langen Schlange, aus der wir zur jeweils nächsten freien Kasse dirigiert werden. Fazit: An Tag 1 des Lockdowns wäre das Einkaufen bestimmt entspannter gewesen.

In meiner Filterblase ist die größte Sorge: Was machen wir wenn der Hund sich draußen nicht austoben darf? Skipper ist da ziemlich entspannt. Für Border Collies ist Denksport ebenso wichtig wie körperliche Ertüchtigung. Also heißt mein Iso Projekt: wie halte ich den Hund bei Laune? Suchspiele sind beliebt. Sowohl für Futter als auch für Spielzeug. Das Futter im Allgemeinen will erarbeitet werden, ein Napf ist langweilig. Und wir starten endlich mit dem Training für neue Tricks.

Tag 1 des Lockdowns überstehen wir erwartungsgemäß gut. Tag 2 bringt eine überraschende Wendung: Die Entscheidung das Leben in Südaustralien zum Stillstand zu bringen wurde aufgrund einer falschen Information getroffen. Einer der Infizierten hat gelogen. Er hat in einer Pizza Bar in der Küche gearbeitet und dort nicht nur eine Pizza abgeholt. Er hat sich bei einem anderen Mitarbeiter angesteckt. Das ist nicht gut, aber das ist besser als die Sorge der Experten, dass wir es mit einem mutierten Virus zu tun haben, der durch Oberflächenkontakt übertragen werden kann. So schnell und entschlossen wie der Lockdown angeordnet wurde, so schnell wird er auch wieder gelockert. Ab mittags waren Hunderunden und Sport wieder erlaubt. Tag 3 wurde noch gebraucht, um weitere Kontakte zu suchen. Ab Tag 4 haben wir wieder Vorsichtsmaßnahmen und Einschränkungen, aber wir dürfen wieder raus, Geschäfte haben wieder geöffnet, Schule fängt am Montag wieder an. Masken sind empfohlen, aber keine Pflicht.

So waren wir nicht nur Teil des härtesten Lockdowns der Welt, sondern auch des kürzesten. Sechs Tage haben wir in drei Tagen absolviert! Wir haben alles gegeben: Leere Straßen, leere Strände, Menschen zu Hause, Hunde im Garten. Alle bleiben zu Hause. Das ist gar nicht schlimm. Und ich habe allergrößten Respekt vor den Menschen, die viel länger mit viel härteren Einschränkungen leben müssen.

Von Anke Veil

Der IvAnke Advertiser begleitet unseren Neuanfang in Australien.

2 Antworten auf „Lockdown“

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